Call Center war gestern. In der Omnichannelwelt von heute kommt dem Kundenkontaktcenter (Customer Service Center, Kontakt Center, Beratungs-Center) im Autohandel eine neue Bedeutung zu. In der zunehmend digitalisierten Welt des Autohandels spielt das Kundenkontaktcenter eine zentrale Rolle. Es ist nicht mehr nur eine Anlaufstelle für Terminvereinbarungen oder Serviceanfragen, sondern wird als strategisches Beratungs-Center verstanden, das maßgeblich zum Erfolg eines Autohauses beiträgt. Über die Zukunft der Kundenkontaktcenter im Autohandel sprachen wir mit Doris Gietl, Head of Business Development, Sales & Marketing bei der LDB Gruppe.
Frage: Frau Gietl, wie hat sich die Rolle der Kontaktcenter im Autohandel in den letzten Jahren verändert?
Doris Gietl: Die Erwartungen der Kunden haben sich in den letzten Jahren drastisch gewandelt, das betrifft nicht nur den Autohandel, sondern auch viele andere Branchen mit direktem Kundenkontakt. Kunden sind heute durch digitale Angebote von Unternehmen wie Amazon, Zalando oder auch durch innovative Mobilitätslösungen wie Car Sharing und E-Mobility-Plattformen anspruchsvoller geworden. Das hat zur Folge, dass Autohändler ebenfalls stärker auf Digitalisierung setzen müssen, insbesondere in ihren Kundenkontaktcentern. Diese sind mittlerweile weitaus mehr als nur eine Anlaufstelle für Fragen und Terminvereinbarungen. Sie spielen eine zentrale Rolle im Sales- und After-Sales-Prozess und werden zunehmend als Beratungs-Center verstanden, in denen Kunden umfassend zu Angeboten, Finanzierungen und Services informiert werden.
Frage: Was bedeutet dies aus der Sicht der Kunden?
Doris Gietl: Die Kunden von heute erwarten eine nahtlose und personalisierte Beratung, unabhängig davon, über welchen Kanal sie Kontakt aufnehmen. Ob telefonisch, per E-Mail, über soziale Medien oder Messenger-Dienste wie WhatsApp – das Kontaktcenter muss in der Lage sein, alle relevanten Informationen zur Verfügung zu haben, um auf die spezifischen Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Der Schlüssel dazu ist die Verknüpfung aller Kundeninteraktionen über eine einheitliche Plattform. Ein Mitarbeiter muss in der Lage sein, den gesamten Kundenverlauf zu überblicken, vom ersten Fahrzeugkauf bis zu Werkstattbesuchen oder der Beratung zu Finanzierungsmöglichkeiten. Je mehr Daten dem Agenten zur Verfügung stehen, desto gezielter und effizienter kann er auf den Kunden eingehen. Daher aktualisieren wir regelmäßig die Tools und Techniken unserer Omnichannel-Plattform CXBox, um sie den veränderten Kundenwünschen anzupassen.
Frage: Häufig hört man, dass Kontaktcenter überlastet sind und Kunden um Geduld bitten müssen. Gerade in Spitzenzeiten, wie dem Räderwechsel. Woran liegt das?
Doris Gietl: Ein wichtiger Punkt ist natürlich der Mitarbeitermangel in der Kfz-Branche. Manche Betriebe suchen seit Monaten vergeblich nach Personal. In vielen Betrieben sind die Mitarbeiter daher oft stark überlastet. Ein weiterer Punkt ist die fehlende End-to-End-Digitalisierung. Viele Autohäuser haben ihre Frontend-Prozesse, etwa beim Online-Vertrieb über Fahrzeugbörsen beispielsweise, gut digitalisiert. Doch im Hintergrund, also im Middle- und Back-Office, sind die Systeme oft noch nicht ausreichend vernetzt. Dies führt dazu, dass Informationen zu Serviceanfragen, Probefahrten, Werkstattterminen oder Finanzierungsoptionen nicht vollständig und in Echtzeit abgerufen werden können. Hier kommen unsere Lösungen, wie der CallManager oder ImageBuilder, ins Spiel, die extra für die CXBox entwickelt wurden und auf der Omnichannel-Plattform eine zentrale Basis für alle Kundeninteraktionen schaffen. So können wir die Bearbeitungszeiten deutlich verkürzen und die Effizienz steigern.
Frage: Wie wichtig ist Künstliche Intelligenz im Kundenservice von Kfz-Betrieben?
Doris Gietl: Künstliche Intelligenz (KI) ist heute schon ein entscheidender Faktor und wird in Zukunft noch wichtiger. Mit unserer Voicebot Carla bieten wir eine innovative Lösung, die einfache, repetitive Anfragen, wie Terminbuchungen oder Fragen zu Wartungsintervallen, automatisch beantwortet. So wird das Team im Kundenkontaktcenter entlastet und kann sich auf komplexere Anfragen konzentrieren. Generative KI hilft dabei, die richtigen Informationen aus verschiedenen Quellen zu sammeln und dem Berater bereitzustellen, damit dieser schneller und präziser auf Kundenanfragen reagieren kann. Ein weiteres Beispiel ist die WhatsApp Business API, die es ermöglicht, Kunden über den von ihnen bevorzugten Kommunikationskanal zu erreichen und mit ihnen in Echtzeit zu interagieren.
Frage: Inwiefern spielen Self-Service-Lösungen eine Rolle im Kundenkontakt?
Doris Gietl: Self-Service ist eine zunehmend gefragte Lösung. Immer mehr Kunden möchten einfache Prozesse selbst abwickeln, sei es die Buchung eines Werkstatttermins oder das Einsehen von Fahrzeugangeboten. Mit Self-Service-Tools können Kunden beispielsweise ihre Fahrzeugkonfigurationen speichern oder Wartungstermine direkt über digitale Plattformen buchen. Das reduziert die Belastung der Mitarbeiter und bietet Kunden die Flexibilität, Dinge nach ihrem eigenen Zeitplan zu erledigen. Wir entwickeln gerade solche Lösungen für die CXBox-Plattform, um es den Autohäusern zu ermöglichen, diese Services einfach und effektiv anzubieten.
Frage: Wie beeinflusst Digitalisierung die Nachhaltigkeit im Autohandel?
Doris Gietl: Die Digitalisierung kann auch zu mehr Nachhaltigkeit im Autohandel führen. Optimierte Terminplanungen oder digitale Prozesse reduzieren den Papierverbrauch und ermöglichen es, Emissionen zu senken – etwa durch weniger physische Besuche im Autohaus oder effizientere Logistikprozesse bei der Fahrzeugwartung. Zudem tragen unsere Lösungen dazu bei, die Effizienz zu erhöhen und damit unnötige Ressourcenverschwendung zu vermeiden.
Frage: Wie sehen Sie die Zukunft des Kundenkontaktcenters im Autohandel?
Doris Gietl: Das Kundenkontaktcenter wird in Zukunft eine noch zentralere Rolle spielen, sowohl für den Vertrieb als auch für den Service. Die Automobilbranche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, und die Bedürfnisse der Kunden ändern sich ständig. Ein modernes Kundenkontaktcenter muss flexibel, gut vernetzt und vor allem kundenzentriert arbeiten. Mit den richtigen Technologien, wie KI und einer integrierten Kommunikationsplattform, können wir den Autohäusern helfen, ihre Kunden besser zu verstehen und ihnen ein nahtloses und personalisiertes Erlebnis zu bieten. Dies wird nicht nur die Kundenzufriedenheit steigern, sondern auch den Umsatz positiv beeinflussen.