Die Autohäuser haben wieder geöffnet. Restaurant, Cafés, Einkaufszentren, Friseure Fitnessläden … Die Rückkehr in die Normalität hat langsam begonnen. Doch die Kunden werden in diesen Zeiten ganz neue Erfahrungen beim Einkaufen sammeln. Auch das Einkaufsverhalten der Deutschen hat sich im Zuge der Corona-Krise verändert. Plötzlich konnten wir nicht mehr überall da einkaufen, wo wir wollten. Eine völlig ungewohnte Situation für uns als Kunden.
Wir sind mobil, ständig unterwegs und kaufen unsere Dinge gerne auf dem Weg nach Hause, gehen Bummeln oder machen Besorgungen schnell vor Ladenschluss. Wir sind ständige Verfügbarkeit an jedem Ort gewöhnt. Das war eine enorme Umstellung für alle, als die Beschränkungen in Kraft traten.
Lebensmittelläden waren zu Beginn des Lockdowns die einzige Anlaufstelle im stationären Handel. Nach den ersten Hamsterkäufen haben sich die meisten Menschen mehr Gedanken darüber gemacht, was sie wirklich für die nächsten Tage oder Wochen brauchten. Viele Anschaffungen wurden überdacht, viele Einkäufe wurden verschoben oder über Online-Kanäle bezogen. Viele Konsumenten nutzten das erste Mal digitale Einkaufsmöglichkeiten: Die neu entdeckten Kanäle scheinen gut anzukommen. Knapp die Hälfte der Konsumenten wollen auch nach Corona die digitalen Möglichkeiten nutzen, gegebenenfalls sogar in höherer Frequenz – so die Aussage einer aktuellen Studie zum Einkaufsverhalten der Deutschen.
Die aktuelle Situation treibt immer mehr neue Kunden ins Internet. In manchen Branchen steigt die Nachfrage über digitale Kanäle bis zu 300 Prozent. So die Untersuchung von Kearney. Die aktuelle Konsumentenbefragung zeigt, dass Kunden, die vorher nicht oder weniger im Internet gekauft haben, auch nach Corona weiter im Internet einkaufen wollen. Auf die Frage, ob sie nach Beendigung der Maßnahmen weiterhin mehr online einkaufen als vor dem Corona-Ausbruch antworten 52 Prozent mit ja. Ein Drittel dieser neuen digitalen Kunden sind Erstkäufer, die zuvor nichts im Internet erworben haben. Dadurch ergeben sich große Chancen, auf digitalen Kanälen neue Kundengruppen zu erschließen und zu halten.
Digitalisierung wird auch beim Autokauf immer wichtiger.
Vieles kauft man längst im Internet. Beim Handel mit Neuwagen führt der Weg allerdings meist noch ins Autohaus. Hat sich das bislang nur langsam geändert, könnte Corona den Trend zum digitalen Autokauf beschleunigen. Dass sich Kfz-Händler nicht mehr nur auf den stationären Handel verlassen sollten ist keine neue Aussage. Während der Ausgangsbeschränkungen waren Autoportale, Herstellerwebsites, Bewertungen anderer Kunden und soziale Netzwerke die einzigen Quellen für Informationen über Neu- oder Gebrauchtwagen. Dass der Neu- und Gebrauchtwagenverkauf während des Lockdowns nicht gänzlich einbrach, hatte man dem Internet und findigen Händlern zu verdanken. Ausnahmslos alles wurde online abgewickelt. Die Verkäufer kümmerten sich im Homeoffice um eingehende Anfragen per E-Mail und schlossen die Geschäfte vom heimischen PC aus ab.
Livestreams, Videos, soziale Medien, Blogbeiträge … Als Reaktion auf die Beschränkungen im Verkauf und Beratung trieben die Hersteller und Händler die Digitalisierung beim Autoverkauf voran. Vielfältige Dienstleistungen, wie zum Beispiel eine Live-Beratung von Kunden per Online-Showrooms oder die Online-Beratung via Chat wurden eingeführt. Zudem mussten Kunden erreicht werden, die noch den klassischen Autokauf ohne Digitalisierung gewohnt sind, als auch Interessenten, die mit Internet, Smartphone und Alexa groß geworden sind. So zeigte sich, dass Online-Kontaktpunkte und soziale Netzwerke wie Facebook, Youtube oder Instagram mehr an Bedeutung gewannen und von den Kunden angenommen wurde.
Jetzt nach der Lockerung der Beschränkungen werden sich Autokäufer genau wie die Serviceberater an eine völlig andere Welt gewöhnen müssen – den Verkäufer hinter Plexiglas zum Beispiel. Ran an den Kunden! Ins Auge blicken, sich mit Namen vorstellen, dann der Händedruck und schnell zum Traumauto. Reinsetzen, erklären, begeistern. Und bei der Probefahrt schon mal die Konditionen klarmachen. Dieses Mantra – von Verkaufstrainern seit Jahrzehnten vorgebracht – funktioniert so nicht mehr. Inzwischen müssen bei vielen Händlern die Verkäufer abgesondert hinter Plexiglas-Wänden sitzen wie an Supermarktkassen. Die aktuellen Hygiene- und Gesundheitsvorschriften führen zu massiven Umstellungen bei den Händlern und Autokäufern.
Nicht nur diese Maßnahmen halten so manchen Kaufinteressenten von einem Besuch im Showroom ab. So war bei den meisten Autohäusern nur an den ersten geöffneten Tagen viel Betrieb. Danach sind die Besuche zurückgegangen. Eine aktuelle Marktforschungsbefragung hat ergeben, dass sich viele Kunden derzeit beim Einkaufen unwohl fühlen und fast ausschließlich gezielte Einkäufe tätigen. Erzeugnisse, die nicht unmittelbar benötigt werden, werden auch nach der langsamen Öffnung vieler Geschäfte generell deutlich weniger gekauft. Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) haben die Pandemie und die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus die Verbraucherstimmung im April schwer getroffen.
Die gute Nachricht: Die Konsumfreudigkeit steigt langsam wieder an. Trotz Krise halten die meisten Verbraucher an ihren Plänen für einen Fahrzeugkauf und dem dafür geplanten Budget fest. Wie also diese Kunden erreichen? Seit März ist der Anteil derjenigen, die momentan mehr online shoppen als vor Corona, um 21 Prozentpunkte von 26 Prozent auf 47 Prozent gestiegen.
Doch ein Auto wird nicht einfach mal so im vorbeigehen gekauft. Bevor sich Konsumenten für ein Fahrzeug entscheiden geht oft ein umfangreiches Sammeln von vielen Informationen rund um den neuen Wagen voraus. Von der Absicht bis zum tatsächlichen Vertragsabschluss vergehen beim Autokauf schon mal einige Monate. Viele deutsche Autokäufer hat die Corona-Krise nun mitten in diesem Prozess erwischt – schließlich ist der Frühling die umsatzstärkste Zeit für den Autohandel.
Der digitale Vertriebskanal gewinnt daher definitiv an Bedeutung. Durch die aktuellen Hygiene- und Gesundheitsvorschriften werden momentan ohnehin Autoportale, Herstellerwebsites, Bewertungen anderer Kunden und soziale Netzwerke immer wichtiger für die Kaufentscheidung. Längst wird fast jedes gekaufte Auto vorab im Internet recherchiert. Mittlerweile wird aber auch jedes achte Auto in Deutschland online gekauft, Tendenz steigend. Wer ein Auto braucht und nicht ins Autohaus gehen will, findet vor allem auf Plattformen wie Carwow, Autohaus24.de oder MeinAuto.de einen Weg ohne physischen Kontakt Autos zu erwerben. Arthur Kipferler von der Strategieberatung Berylls geht von aktuell 16 Anbietern allein in Deutschland aus. Neun verkauften momentan ausschließlich Neuwagen, bei den anderen könnten die Kunden auch Gebrauchte bekommen.
Auch viele etablierte Händler haben reagiert und bieten bereits Online-Verkauf an. Die meisten Autohändler versuchen sich den Veränderungen anzupassen und mit der Digitalisierung Schritt zu halten.
Problematisch wird der digitale Verkauf allerdings in dem Moment, wenn eine analoge Probefahrt gewünscht wird. 57 Prozent der Kaufinteressierten legen nach wie vor Wert auf eine Probefahrt. Hier liegen die Vorteile der klassischen Autohändler gegenüber digitalen Plattformen: nur stationäre Autohändler können Online-Auftritte, aktive Beratung und die Erlebnisprobefahrt aus einer Hand bieten. Eine Kombination aus beiden Welten macht daher Sinn für den Handel. Wer die Vorteile beider Welten sinnvoll miteinander verbindet, wird auch in Zukunft am Markt bestehen können.