Europaweit sind Fahrzeughalter mit ihrem Händler besser vertraut als mit ihrer Automarke. Während mehr als die Hälfte der Befragten (58 Prozent) aussagte, dass ihr Fahrzeughersteller sie nicht gut kennt, empfinden nur 37 Prozent der Befragten, dass ihr Händler sie nicht gut kennt.
Auch in Deutschland fühlen sich die Autobesitzer eher vom Händler (52 Prozent) als vom Fahrzeughersteller (34 Prozent) verstanden. Das sind die Erkenntnisse des aktuellen European Car Ownership Report 2023.
Kunden haben wenig Kontakt zum Hersteller
Knapp 45 Prozent der befragten deutschen Autobesitzer hatte Kontakt mit dem Hersteller oder Importeur. Nur acht Prozent besuchen die Webseiten der Automarken und noch weniger (6 Prozent) nutzen die angebotenen Apps der Hersteller. Ein Grund dafür sind die mangelnden Berührungspunkte zwischen Hersteller und Kunden. Zwar verlagert sich der Kundenkontakt immer mehr auf digitale Kanäle, davon profitieren bisher aber nur die Autohändler. So nutzten 37 Prozent der in unserer Trendumfrage Befragten die Webseiten der Autohäuser für Informationen über Fahrzeuge, Ausstattung und weitere hilfreiche Auskünfte.
Autohersteller wollen an die Kundendaten
Der Ausbau des Direktvertriebs ist so für die Hersteller ungeheuer interessant. Um Kunden effektiv an eine Marke zu binden, ist nichts so relevant wie Kundendaten. Welche Informationen schaut der Interessent sich auf der Herstellerseite an? Hat er Fragen, die er gleich über Chat oder WhatsApp beantwortet haben will? Ist der Kunde aktiv auf Facebook oder YouTube? Wichtige Informationen aus jedem digitalen Touchpoint lassen sich automatisiert auswerten. Angebote können so personalisiert auf die Kundschaft zugeschnitten werden.
Kunden wollen Beratung
Kunden verbinden beim Autokauf die Vorteile von digitalen Tools mit den Vorzügen einer persönlichen Beratung im Autohaus. Dabei steigt die Nutzung der digitalen Kanäle bei der Fahrzeugsuche und Recherche. Händler sind also auch weiterhin in einer erstklassigen Position, um Interessenten in einer frühen Phase der Customer Journey abzuholen, sie zu einem Besuch in den Showroom einzuladen und bis zum Vertragsabschluss zu begleiten.
Trotzdem müssen sich Autohändler jetzt auf einen Wandel der Vertriebskanäle einstellen. Die Diskussionen über die Einführung eines Agenturmodells im Handel sind im vollen Gange. Die meisten Autohersteller werden den Vertrieb von Neuwagen ändern. Aus Händlern werden dann Agenten. In dessen Auftrag vermittelt er neue Autos und bekommt für Beratung, Probefahrt und Auslieferung eine Provision. Der Hersteller legt den Preis fest, übernimmt aber auch alle Gewährleistungspflichten gegenüber dem Kunden.
Kommt das Agenturmodell?
Für die meisten Händler ist das Agenturmodell immer noch ein Reizwort. Die Mehrheit der Händler lehnt diese Vertriebsform ab und sieht darin einen Angriff der Hersteller auf ihr angestammtes Geschäft. Doch, dass die Hersteller in naher Zukunft in den Direktvertrieb einsteigen, ist vorhersehbar.
Durch die Übernahme des Verkaufs erhalten die Automarken dann alle Kundendaten, die bisher allein der Händler hatte. So können die Hersteller in Zukunft die komplette Kontrolle im Onlinehandel und in onlinebasierten Geschäftsmodellen übernehmen.
Im eigenen Interesse sollten aber Hersteller und Handel die digitale Transformation gemeinsam vorantreiben. Bei der Digitalisierung ihrer Vertriebskanäle hinken viele Hersteller hinterher. Von der Verknüpfung von On- und Offline kann oft nur wenig die Rede sein. Dabei ist allen klar, dass dies ein entscheidender Aspekt für den künftigen Erfolg sein wird.